HGD_2025-04-06_5-Fastensonntag
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Beschreibung
Hausgottesdienst
5. Fastensonntag C
06.04.2025
Lied: Zu dir, o Gott erheben wir die Seele mit Vertrauen (Gotteslob 142)
Einleitung
Glücklich kann sich preisen, wer nicht in die Mühlen der Gerechtigkeit gerät. Sie können unerbittlich und hart sein. Und dennoch brauchen wir sie, denn Schuld und Unrecht muss zur Sprache gebracht werden. Gerechtigkeit ohne Barmherzigkeit kann jedoch unmenschlich werden. Wenn wir dem Ruf Jesu zur Umkehr folgen, werden wir mit beidem konfrontiert: dem Einfordern von Gerechtigkeit aber auch der Forderung, barmherzig wie unser himmlischer Vater zu sein. In der Vorbereitung auf das Osterfest werden wir herausgefordert, uns dieser Spannung zu stellen.
Kyrie-Ruf
Herr Jesus Christus, wer ohne Schuld ist, werfe zuerst einen Stein auf diese Frau – das sagst du. Wo wir immer noch Worte wie Steine auf andere werfen, bitten wir dich:
Herr, erbarme dich.
Herr Jesus Christus, Paulus sah alles als Verlust an, um dich zu gewinnen. Wo wir Alltägliches und Unwichtiges zum Lebensinhalt machen, bitten wir dich:
Christus, erbarme dich.
Herr Jesus Christus, dein Volk wurde immer wieder in eine neue Zukunft geführt. Wo wir von deiner Führung abweichen, um eigene und falsche Wege gehen, bitten wir dich:
Herr, erbarme dich.
Gebet
Jesus, wer kann sagen, er sei ohne Sünde? Niemand.
Wer kann darum Mitmenschen endgültig verurteilen? Niemand.
Wir alle brauchen sie: Die Vergebung und Verzeihung.
Wir alle brauchen sie: Die zweite Chance.
Wir alle brauchen ihn: Den Neuanfang.
Deine Worte seien uns ein Ansporn: Alles einander zu schenken. Immer wieder. Wie du es getan hast. Amen.
Evangelium (Johannes 8, 1-11)
In jener Zeit ging Jesus zum Ölberg. Am frühen Morgen begab er sich wieder in den Tempel. Alles Volk kam zu ihm. Er setzte sich und lehrte es. Da brachten die Schriftgelehrten und die Pharisäer eine Frau, die beim Ehebruch ertappt worden war. Sie stellten sie in die Mitte und sagten zu ihm: Meister, diese Frau wurde beim Ehebruch auf frischer Tat ertappt. Mose hat uns im Gesetz vorgeschrieben, solche Frauen zu steinigen. Was sagst du? Mit diesen Worten wollten sie ihn auf die Probe stellen, um einen Grund zu haben, ihn anzuklagen. Jesus aber bückte sich und schrieb mit dem Finger auf die Erde.
Als sie hartnäckig weiter fragten, richtete er sich auf und sagte zu ihnen: Wer von euch ohne Sünde ist, werfe als Erster einen Stein auf sie. Und er bückte sich wieder und schrieb auf die Erde. Als sie das gehört hatten, ging einer nach dem anderen fort, zuerst die Ältesten. Jesus blieb allein zurück mit der Frau, die noch in der Mitte stand. Er richtete sich auf und sagte zu ihr: Frau, wo sind sie geblieben? Hat dich keiner verurteilt? Sie antwortete: Keiner, Herr. Da sagte Jesus zu ihr: Auch ich verurteile dich nicht. Geh und sündige von jetzt an nicht mehr!
Gedanken zum Evangelium:
Mitte Januar geschah ein schrecklicher Angriff auf eine Kindergruppe in Aschaffenburg. Es gab mehrere Verletzte und ein zweijähriger marokkanischer Junge sowie ein couragierter deutscher Mann verloren durch den Messerangriff ihr Leben. Es war mitten im Bundestagswahlkampf. Deshalb konnte man bei den öffentlichen Auftritten und Kommentaren mancher Politiker den Eindruck haben, dass nicht das Mitgefühl mit den Leidtragenden im Mittelpunkt stand, sondern dass eiligst nach Schuldigen gesucht und entsprechend angeklagt wurde. Die einen zeigten mit ihrem Finger auf die Regierung in der Hauptstadt, die anderen deuteten auf die Behörden vor Ort im Land oder in der Stadt. Vorwürfe wurden erhoben und Schuldzuweisungen vorgetragen. Es ging um Meinungshoheit: Wer hat das Recht auf seiner Seite? Die Betroffenen und ihr Leid kamen nur am Rande vor und waren zumindest teilweise lediglich Mittel zum Zweck.
Ich kann mir gut vorstehen, dass es in der gerade gehörten Geschichte ähnlich zuging. Ein Gemälde dieser Szene von Max Beckmann zeigt die Ankläger, die die Frau zu Jesus geschleppt hatten, wie sie sich groß aufbauen und mit ausgestreckten Zeigefingern und drohend erhobenen Fäusten Stimmung machen. Im Hintergrund ist randalierender Mob zu sehen. Es ging ihnen, wie wir hören, nicht um die Frau und ihr Wohl und Leben, es ging ihnen noch nicht einmal um die Sache, sondern es ging um Jesus, den sie aufs Glatteis führen oder in die Enge treiben wollten. Sie wollten die Meinungshoheit über ihn gewinnen.
Zunächst scheinen die Schriftgelehrten und Pharisäer Erfolg zu haben. Jesus verstummt und bückt sich hinunter zur Erde. Er zeigt nicht mit dem Finger auf die Frau oder diesen oder jenen. Er schreibt mit seinem Finger in den Staub. Aber das genügt den Anklägern nicht, sie bohren weiter, sie beharren auf ihrer Sicht der Dinge und fordern Jesus weiter heraus. Die Gesetze sahen sie auf ihrer Seite: auf Ehebruch stand Steinigung.
Da reagiert Jesus und gibt eine ganz allgemeine Anweisung: Wer von euch ohne Sünde ist, werfe den ersten Stein! Jesus droht nicht, er verurteilt nicht, er klagt nicht an und streckt seinen Finger nicht gegen irgendjemanden aus. Vielmehr bringt er die Ankläger selbst ins Spiel: Ihr seid jetzt daran. Ihr dürft tun, was in euren Augen Recht ist – wenn ihr selbst gerecht seid: Wer von euch ohne Sünde ist, werfe den ersten Stein! Dann bückt er sich wieder, beugt sich zur Erde und schreibt erneut mit dem Finger in den Staub. Den anklagenden Zeigefinger verwandelt er in ein Schreibgerät.
Und dann geschieht das Überraschende. Einer nach dem, anderen – so heißt es – ging davon, zuerst die Ältesten. Die Frau aber blieb. Ihr wendet sich Jesus jetzt zu und bringt sie ins Spiel: Wo sind sie geblieben? Hat Dich keiner verurteilt?
Keiner, Herr, so kann die Frau antworten.
Und Jesus? Auch er verurteilt sie nicht. Er schenkt ihr die Möglichkeit eines Neuanfangs, einer neuen Lebensausrichtung.
So begegnet Jesus auch uns in diesen Tagen der österlichen Bußzeit. Er verurteilt uns nicht mit unserer Schuld, sondern lädt uns ein: Kehrt um und glaubt an das Evangelium.
Zu Beginn der Heiligen Vierzig Tage haben wir diesen Zuspruch beim auflegen der Asche gehört. Heute, zum Beginn der engeren „Passionszeit“, wenn die Kreuze in unseren Kirchen verhüllt werden, dürfen wir uns das nochmals sagen lassen: Kehrt um und vertraut auf die Frohe Botschaft.
Übrigens: Der Malerpfarrer Sieger Köder lässt in dieser Szene die Hand Jesu das Wort Schalom in den Staub schreiben. Schalom meint Friede, Wohlergehen, umfassendes Heil, erfülltes Leben …
Nutzen wir also unsere Finger, den Menschen, die uns begegnen, Frieden und Wohlergehen in ihr Lebensbuch zu schreiben, anstatt sie anzuklagen oder auf sie zu zeigen.
(Rudolf Reuter)
Lied: Herr, deine Güt’ ist unbegrenzt (GL 427)
Fürbitten
Gott, unser Vater, du kennst uns Menschen. Du weißt um unsere Sünden und um unsere Schwachheit. In Christus streckst du uns deine barmherzige Hand entgegen. So bitten wir dich:
Für alle, die Unrecht tun.
Vater im Himmel, wir bitten dich, erhöre uns
Für alle, die andere anklagen.
Für alle, die ihre Schuld erkennen.
Für alle, die andere verstehen.
Für Frieden in Europa und in der Welt.
Für unsere Verstorbenen.
Gott, du begleitest uns auf all unseren Wegen. Führe uns durch diese Zeit in deine Arme durch Christus, unseren Herrn. Amen.
Einleitung zum Vaterunser
Wohl dem, dessen Halt der Gott Jesu ist, und der seine Hoffnung auf den Herrn, seinen Gott, setzt. Deshalb beten wir:
Vater unser ...
Segensgebet
Jesus, du hast gesagt: Geh, und sündige nicht mehr! Mit diesen Worten hast du Die Frau in ihr Leben gesendet. Geh, und bemühe dich, zu lieben. Geh, und bemühe dich, Gutes zu tun. Geh, und bemühe dich, so zu leben, dass Menschen aufleben können, dass sie spüren: Sie sind geliebt. Sende und aus und segne uns.
Im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.